Was ist normal- was ist verrückt?:
Traumatisierung- Gewalt- soziale Ausgrenzung
ein Seminar im Mehringhof
1.12. 2012 /15.2.2013
Eintritt frei
Traumatisierung
Viele Menschen in unserer Gesellschaft leiden unter seelischen Verletzungen, sog. Traumatisierungen. Durch die Aufdeckung vieler sexueller wie auch gewalttätiger Mißbrauchsfälle in den letzten Jahren in kirchlichen Einrichtungen und Heimen erahnt unsere Gesellschaft die Dimensionen, die diese Verletzungen für die Betroffenen hat, erahnen deshalb, weil der Haupttatort, die familiären Verhältnisse, letztendlich noch kaum in seiner Gänze erfasst ist. Wer Traumatisierungen erlebt hat, reagiert in aktuellen Bedrohungssituationen im Erwachsenenalter oft im selben Muster wie damals, nur dass die Reaktion damals eine wichtige Überlebensstrategie war, die später nicht mehr für die betroffene Person hilfreich ist bzw. oftmals zu sog. "posttraumatischen Belastungsstörungen" oder Verhaltensweisen führt, die irritierend und belastend sind.
Viele, die solche Erfahrungen gemacht haben, haben sehr früh ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden entwickelt, weswegen diese Menschen vermehrt in Protest- und Widerstandsbewegungen anzutreffen sind.
In der Veranstaltung geht es darum, eine gewisse Sensibilisierung für und mit Betroffenen zu erreichen. Sensibilisierung dafür, dass Betroffene einen heilsamen Rahmen für sich brauchen, der nicht aus Ausschluss, Demütigung und Nicht-Anerkennung besteht, sondern in der Würdigung ihrer speziellen Geschichte ohne sie zu opferisieren.
Samstag, 1. Dezember 2012 um 13 Uhr:
Gewalt von und gegen Psychiatriebetroffene
Insbesondere Menschen mit den Diagnosen „Psychose“ und „paranoide Schizophrenie“ haben es mit Gewaltsituationen in Wahnzuständen zu tun. 1% der Bevölkerung sind schizophren, d.h. es besteht ein relevantes Problem, das aber tabuisiert ist. Jede/r kennt Menschen, die sich „merkwürdig“ verhalten. So kann es in Paranoiazuständen vorkommen, dass die Betroffenen mit Messern herumfuchteln, evt. sogar töten.
Auch die 53jährige Andrea H. fuchtelte am 24. August 2011 in einer betreuten Wohngemeinschaft in Berlin-Reinickendorf aus Angst vor Einbrechern mit dem Messer herum. Sie sollte von der Polizei in die Psychiatrie gebracht werden und wurde schließlich von einem Polizisten erschossen. Seit 2007 wurden in Deutschland ca. 10 Psychiatriebetroffene in solchen Situationen von Polizisten getötet. Andererseits sind es auch Psychiatriebetroffene, die andere Menschen oder sich selbst umbringen. Bei Selbst- oder Fremdgefährdung landen sie in der Psychiatrie. Bei ausgeübter Tötung in der Forensik oder auf dem Friedhof. Abschließend soll diskutiert werden, was es aus Betroffenensicht für Möglichkeiten gibt, auch mit dieser Erkrankung ein lebenswertes Leben zu haben und stabil zu bleiben?
Samstag, 1. Dezember um 15 Uhr:
ein/e Vertreter_In der Kampagne
"Soziale Ausgrenzung als Folge von Pathologisierung von geschlechts-non-konformen Menschen (Vorstellung der internationalen Kampagne "Stop Trans*-Pathologisierung 2012")
Internationale Krankheitskataloge schreiben fest, daß nicht geschlechts-konforme Menschen ("Trans*-Menschen") sich als psychisch krank diagnostizieren lassen müssen, um ein Recht der Personenstandsänderung durch zu setzen. Im sozialen Nahraum, im öffentlichen Raum, in der Arbeitswelt, bei Behörden, im Gesundheitswesen und im Dienstleistungssektor hat diese Zuschreibung erhebliche Diskriminierungen sowie verbale und massive Gewaltübergriffe bis hin zu Hass-Verbrechen zur Folge. Erwerbslosigkeit von Trans*-Menschen ist europaweit überdurchschnittlich hoch. Die rechtlichen und medizinischen Regelungen (u.a. Sterilisierung in 28 EU-Ländern) ziehen oft eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses oder der Wohnung nach sich. Zahlreiche weitere Alltags-Diskriminierungen lassen oft nur eine illegale (Rand-)Existenz in prekären subkulturellen Bereichen und risiko-reicher Sexarbeit zu.
Eine internationale Kampagne "Stop Trans*-Pathologisierung 2012", die weltweit seit 2009 mehr wie 300 Gruppen auf allen Kontinenten in einem Netzwerk vereint, fordert aufgrund dieser auch vom Europa-Rat als Menschenrechtsverletzung benannten Phänomene eine Streichung der Kategorie "Geschlechtsidentitätsstörung" aus den internationalen Krankheitskatalogen ICD und DSM.
Unterstützt von Aktion Mensch