Krisenproteste

Veranstaltung am 17.Mai 2013 im Mehringhof (30 Teilnehmer_innen)

Krisenproteste“: ein Vortrag von Max Henninger

In dem Vortrag wurden die Ereignisse seit dem Erscheinen des Buches „Krisenproteste“ fortgeschrieben. In einer Art Suchbewegung versuchte der Referent die Logik der Revolten nachzuspüren. Es wurden dabei einige Parallelen zwischen der Situation in den unterschiedlichen Ländern des arabischen Raumes und den anhaltenden Sozialprotesten gegen die europäische Sparpolitik in Ländern wie Griechenland oder Spanien deutlich. Leider konnte in der Kürze der Zeit nicht auf die Lage in allen Ländern gleichermaßen eingegangen werden. Im Zentrum des Vortrags stand aber die Frage, warum in so vielen unterschiedlichen Ländern trotz breiter Protest- und Widerstandsbewegungen noch immer eine Austeritätspolitik durchgesetzt werden kann.

In der Diskussion wurden dazu sehr unterschiedliche Positionen geäußert. Nach Auffassung einiger Veranstaltungsbesucher_innen würden sich durchaus Menschen an einigen Punkten gegen die europäische Austeritätspolitik wehren, als ein weiteres Beispiel für Widerständigkeit wurden die Revolten aus dem arabischen Raum angeführt (inklusive dem Sturz der jeweiligen Regierung). Im Laufe der Diskussion wurde dann jedoch schnell deutlich, dass sich trotz der erfreulichen Entwicklung dieser sozialen Protestbewegungen relativ wenige transnationale Gemeinsamkeiten zeigen. In der Diskussion kam oft zum Ausdruck, dass auch in Deutschland derartige soziale Proteste schmerzlich vermisst werden, aber eine gewisse Ratlosigkeit darüber herrscht, wie diese wohl hergestellt werden könnten.

Neues von den Sozialen Protesten aus Spanien“: ein Vortrag von Carmela Negrette Navarra

Die Referentin gab zunächst einen Überblick über die verschiedenen Bereiche der Sozialproteste in ihrem Land: von der Bewegung gegen Zwangsumzüge über Formen der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen in Katalonien bis zur Antirepressionsarbeit (seit Neuestem wird das Zelten auf öffentlichen Plätzen als „terroristischer Akt“ gewertet!). Daneben gab sie Einblicke in das Leben der Menschen aus ihrem Dorf in Andalusien. Wie versuchen sie ihren Alltag zu bewältigen, wo doch auch hier die Sparpolitik durchschlägt? Daneben berichtete sie über die Proteste zur Absetzung der korrupten Regierung, die sich von Bauunternehmern hat bestechen lassen, um an lukrative Bauaufträge zu gelangen. Es gab erschütternde Berichte über Menschen, die zum Ende des Monates nicht mehr über genügend Geld verfügen, um sich Lebensmittel kaufen zu können und dann hungern müssen bis die nächste Rentenzahlung kommt. Die Referentin hob besonders die Bedeutung von funktionierenden Familienzusammenhängen hervor, die zum einen mit Geld, zum anderen aber auch mit Wohnraum aushelfen, wenn z. B Menschen aus ihren Wohnungen geräumt werden. Vor allem viele junge Menschen sehen in Spanien keine Perspektive mehr und verlassen das Land, gehen z.B. nach Deutschland aber auch nach Australien usw. Carmela Negrette Navarra selbst ist schon vor der großen Krise nach Deutschland gekommen und inzwischen sind ihr viele ihre Freunde und Freundinnen gefolgt. Bewegend waren ihre Beispiele aus dem Alltag, die beschrieben, wie die Menschen versuchen, der Krise zu trotzen: Es wird „schwarz gearbeitet“, der Staat betrogen und nicht wenige Menschen stehlen, um über die Runden zu kommen. Carmela vertrat die Auffassung, dass sich die unterschiedlichen Widerstandsbewegungen bereits so stark im alltäglichen Leben der Menschen etabliert hätten, dass der weiter zunehmende Druck die Regierung über kurz oder lang stürzen lassen würde. Ob danach ein Neuanfang möglich würde oder nur eine neue Regierung komme, die dann vielleicht in abgeschwächter Form die Politik weiter fortführe, konnte auch sie nicht beantworten. Das sei dann ein offener Prozess.

Unterstützt von der Rosa-Luxemburg-Stiftung

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